Begegnung zwischen Wissenschaft und Kunst

Lukas Kummer

Ich gebe es ja zu, die Brücke zwischen Comics und Wissenschaft ist oft ein bisschen wackelig. Man baut von beiden Seiten aufeinander zu und sieht erst in der Mitte, ob man sich getroffen hat, oder nicht. Der Graben, den man dabei zu überwinden versucht, trennt zwei sehr unterschiedliche Sichtweisen auf das jeweils gegenüberliegende Fachgebiet. Oder einfacher gesagt: Manchmal muss man sich erst einmal darüber einig werden, worüber man überhaupt spricht… 

Hierbei hat es mir damals sehr geholfen, dass ich im Zuge des DFG-Projektes „CRISPR-Whisper“ eingeladen wurde, die Arbeitsweise der Biologinnen und Biologen näher kennen zu lernen. Ich durfte sogar ins Labor, um ein paar einfache Experimente auszuprobieren. Meine Forschungsergebnisse waren, um es zusammenfassend zu sagen, erhellend und ernüchternd zugleich. Mein Bild von der Wissenschaft war jedenfalls geradegerückt, der Brückenbau verlief schon ein wenig geradliniger.  

Über mehrere Jahre habe ich das Projekt dann mit Illustrationen und mal mehr, mal weniger wissenschaftlichen Comics unterstützt: https://crispr-whisper.de/2022/01/04/time-to-say-goodbye/  und https://crispr-whisper.de/crispr-wie-alles-begann/#jp-carousel-160

Spannend fand ich dabei immer den Austausch beider Seiten. Meine Aufgabe bestand darin, wissenschaftliche Inhalte vereinfacht und zugänglich zu gestalten. Und die Aufgabe von Seiten der Wissenschaft wiederum bestand darin, meine Entwürfe mit den Tatsachen der wissenschaftlichen Realität abzugleichen. Vermittlung ja, aber bitte wissenschaftlich korrekt!  

Dieser Spielraum war das, was das Projekt so spannend machte. Die Wissenschaftsvermittlung auf spielerische Art, das Einarbeiten in komplizierte Themengebiete und die Verarbeitung eben jener Themengebiete in eine verständliche, einladende Form ist eine Aufgabe, die ich lieben gelernt habe. 

Und wenn ich dann doch mal wieder nicht weiß, worum es eigentlich geht, frage ich einfach meine Kollegen von Biowisskomm.  

Lukas Kummer ist in Österreich geboren und aufgewachsen. 2007 zog er nach Deutschland,
um an der Kunsthochschule Kassel Illustration und Comic zu studieren. Seit seinem Abschluss
arbeitet er freischaffend als Comiczeichner und Illustrator.

Lukas Kummer unterstützte mehrere Jahre das Projekt “Crispr-Whisper” mit seinen mal mehr, mal weniger wissenschaftlichen Comics und Zeichnungen.

Weitere Beispiele seiner Arbeit finden sich unter:
lukaskummer.com

Wolfgang Nellen

Was hat denn Wissenschaft mit Kunst zu tun? Nicht so viel, würde man denken: Wissenschaftler arbeiten streng rational, Künstler eher emotional und intuitiv. Das ist ein Klischee, aber wahrscheinlich ist doch etwas dran.
Genau das ist es, was ich an der Kombination so attraktiv finde: die „Normalbürger“ stehen zwischen diesen beiden plakativen Extremen und versuchen mehr oder weniger unbewusst den von Lukas beschriebenen Brückenbau. Ob sich die beiden Baustellen in der Mitte über dem Graben tatsächlich treffen, ist immer wieder eine offene Frage, ein spannendes Experiment.

Was mich begeistert, ist, dass im Laufe der Zusammenarbeit die Brückenteile zielgenauer zusammenwachsen und das ist es, was Wissenschaftskommunikation erreichen muss.

Die ersten Entwürfe, die Lukas gezeichnet hatte, waren zwar witzig, sie gefielen mir aber nicht, weil sie, aus meiner Sicht, ein falsches Bild der Wissenschaft vermittelten.

Ein Stückchen Wahrheit steckte aber doch drin und im Abschluss-Comic des CRISPR-Whisper-Projekts (https://crispr-whisper.de/2022/01/04/time-to-say-goodbye/) hat er mit künstlerischer und wissenschaftlicher Selbstironie gezeigt, dass es doch keine so großen Unterschiede gibt.

Daneben gibt es aber noch einen ganz banalen Grund, Kunst für die Wissenschaftskommunikation zu nutzen: beide Seiten erreichen ein Publikum, an das sie sonst nicht so leicht herankommen. Und das Publikum ist selbst überrascht, dass es sich plötzlich für Dinge interessiert, die vorher keine besondere Aufmerksamkeit bekamen.

Wolfgang Nellen war bis 2015 Professor für Genetik an der Universität Kassel und leitete nebenbei das Schüler- und Öffentlichkeitslabor Science Bridge. Zusammenarbeit mit Künstlern begann er bereits 2005 mit Ulrike Gärtner in dem Projekt „Aliens unterwegs“ (https://sciencebridge.net/projekte/aliens-unterwegs/ ) 2021 gründete er mit einer Handvoll freier Mitarbeiter BioWissKomm als Initiative für praktische, angewandte Wissenschaftskommunikation. Neben seiner freien Arbeit gehört Lukas Kummer zum Künstler-Team von BioWissKomm und gestaltet Einzelprojekte oder wird mit seinen Arbeiten in Projekte von BioWissKomm integriert.